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Föderale Aufgabenteilung.

Die Aufnahme zeigt eine Vogelperspektive eines Ruderteams in Princes Bridge, Melbourne (Australien).

Die Bundesrepublik Deutschland ist ein föderaler Bundesstaat. Jedes der 16 Bundesländer verfügt über eine eigene Verfassung und auch über eine eigene Landesbehörde für Verfassungsschutz, die innerhalb ihres Landesterritoriums Informationen über Bestrebungen sammelt, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtet sind und somit einen wichtigen Beitrag zur Verteidigung der konstitutionellen Grundwerte leistet.

Jede Landesbehörde agiert dabei autark und ist gegenüber dem Bundesamt für Verfassungsschutz grundsätzlich nicht weisungsgebunden. Allerdings ist der Verfassungsschutz eine Aufgabe, die gemeinsam vom Bund und den Bundesländern wahrgenommen wird, beide sind gemäß Bundesverfassungsschutzgesetz (BVerfSchG) zur Zusammenarbeit, gegenseitigen Unterstützung und Hilfeleistung verpflichtet.

Verfassungsschutz im Verbund

Eine sach- und ergebnisorientierte Zusammenarbeit in Angelegenheiten des Verfassungsschutzes zwischen dem Bund und den 16 Ländern kann nur in einem effektiv organisierten Verbund gelingen, in dem alle relevanten Informationen wechselseitig ausgetauscht werden.

Zuständigkeiten

Die Aufgabenteilung zwischen Bundes- und Landesverfassungsschutzbehörden gestaltet sich dabei grundsätzlich wie folgt:

  • Die Landesbehörden für Verfassungsschutz sind für die Sammlung und Auswertung von Informationen zu extremistischen Bestrebungen und sicherheitsgefährdenden oder geheimdienstlichen Tätigkeiten innerhalb ihres jeweiligen Bundeslandes zuständig. Hierfür hat jede der 16 Landesbehörden eigene gesetzliche Grundlagen.
  • Das Bundesamt für Verfassungsschutz sammelt und wertet ergänzend Informationen zu solchen Bestrebungen und Tätigkeiten aus, die gesamtstaatlich bedeutsam oder darauf gerichtet sind, Gewalt anzuwenden, Gewaltanwendungen vorzubereiten, zu unterstützen oder zu befürworten. Außerdem hat das Bundesamt innerhalb des Verbundes eine Zentralstellenfunktion inne - es koordiniert und unterstützt die Verfassungsschutzbehörden der Länder bei ihrer Aufgabenwahrnehmung.
Die Aufnahme zeigt aufeinandergetürmte runde Steine vor einer Naturkulisse
Photo by Martin Sanchez on Unsplash

Herausforderungen

Dass sich in der Bundesrepublik Deutschland 17 Behörden mit Angelegenheiten des Verfassungsschutzes befassen, stellt gleichwohl eine Herausforderung für die Organisation der Aufgabe als solches dar und wirft dabei mitunter eine Vielzahl von Einzelfragen hinsichtlich der konkreten Gestaltung der Zusammenarbeit auf:

Wie wird sichergestellt, dass gesammelte Informationen untereinander ausgetauscht werden? Wie wird eine effiziente Abstimmung gewährleistet, wenn mehrere Verfassungsschutzbehörden an einer Sache arbeiten und wie wird die Federführung geklärt? Wie erfolgt eine schnelle Weiterleitung von Informationen an andere Sicherheitsbehörden? Wie können operative Maßnahmen im Bereich der Informationsbeschaffung wirkungsvoll untereinander abgestimmt werden?

Die Beantwortung dieser und vieler weiterer Fragen machte in der Geschichte des Verfassungsschutzes in Deutschland nicht zuletzt auch mit Blick auf wechselnde Bedrohungslagen für die Demokratie und unsere verfassungsrechtlich garantierten Grundwerte immer wieder auch eine Neubewertung notwendig und führte zu rechtlichen wie organisatorischen Veränderungen in der gemeinschaftlichen Arbeitsweise des Verfassungsschutzverbundes.

Formen der Kooperation

Der Verfassungsschutz im Bund und in den Ländern arbeitet auf allen Hierarchieebenen eng und vertrauensvoll zusammen. Man verständigt sich regelmäßig über die allgemeinen Arbeitsschwerpunkte und tauscht alle für die Bearbeitung eines Phänomenbereichs relevanten Informationen untereinander aus.

Neben der Zusammenarbeit in Gremien und Arbeitskreisen spielt dabei das Nachrichtendienstliche Informationssystem und Wissensnetz (NADIS-WN) eine zentrale Rolle.

NADIS-WN ist das gemeinsame IT-System des Verfassungsschutzverbundes, das zentral vom Bundesamt für Verfassungsschutz betrieben wird und an dem alle Verfassungsschutzbehörden der Länder beteiligt sind. Es dient der gegenseitigen Unterrichtung über Erkenntnisse der Verfassungsschutzbehörden. Phänomenbereichsunabhängig werden hier länderübergreifende Auswertungen von Zusammenhängen zwischen Personen und Ereignissen ermöglicht, damit Strukturen besser erkannt und Informationsinseln bei der Bekämpfung von allen Formen des Extremismus vermieden werden können. Eine Speicherung in NADIS-WN darf nur aufgrund und unter Berücksichtigung der in den Verfassungsschutzgesetzen des Bundes und der Länder eng definierten gesetzlichen Regelungen erfolgen.

Die Zusammenarbeit innerhalb des Verfassungsschutzverbundes wird ergänzt durch eine Zusammenarbeit des Bundesamtes und der Landesbehörden für Verfassungsschutz innerhalb des Gemeinsamen Extremismus- und Terrorismusabwehrzentrums (GETZ) in den Bereichen Rechts-, Links- und Ausländerextremismus (ohne Islamismus) sowie Spionageabwehr und innerhalb des Gemeinsamen Terrorismusabwehrzentrums (GTAZ) im Bereich Islamismus und islamistischer Terrorismus. In beiden Plattformen, in denen auch andere Sicherheitsbehörden des Bundes und der Länder vertreten sind, arbeiten Analytiker, Auswerter, Beschaffer und Berichterstatter täglich unermüdlich daran, sehr schnell und effektiv auf Gefahren für die innere Sicherheit in der Bundesrepublik Deutschland reagieren zu können.

Föderale Zusammenarbeit - ein Erfolgsmodell

Immer wieder wurde in der Vergangenheit die Zusammenarbeit des Bundesamtes und der 16 Landesbehörden für Verfassungsschutz innerhalb des Verfassungsschutzverbundes als überkommenes oder aus der Zeit gefallenes Modell kritisiert. Tatsächlich ist der Verfassungsschutz gerade aufgrund seiner föderalen Aufgabenteilung in einem großen Flächenstaat wie der Bundesrepublik Deutschland mit mehr als 83 Millionen Einwohnern ein zuverlässiger Partner im Bereich der inneren Sicherheit für die Bürgerinnen und Bürger vor Ort.

Stephanie Pilick/dpa/picture alliance

Die Landesbehörden für Verfassungsschutz verfügen über eine eigene landesbezogene Expertise in der Aufgabenbearbeitung, die das Bundesamt für Verfassungsschutz alleine nicht oder nur schwerlich erreichen könnte. Darüber hinaus sind die Landesbehörden für Verfassungsschutz innerhalb ihrer eigenen Landesbehördenstruktur sehr gut vernetzt und damit befähigt, schnell und gezielt auch auf ein sich dynamisch veränderndes Geschehen in einzelnen Bereichen zu reagieren und entsprechende Ressourcen für die Bearbeitung bereitzustellen. Schließlich sind sie in der Lage, passgenaue Aktionen, Programme und Angebote für Bürger/innen und Betroffene initiieren und anbieten zu können.

Klare rechtliche Grundlagen, eine sich stetig weiterentwickelnde und optimierungsfähige Arbeitsorganisation haben zudem in den letzten Jahren zu einer weitergehenden Harmonisierung der Arbeitsweisen der Verfassungsschutzbehörden beigetragen und die Weichen dafür gestellt, dass der Verfassungsschutz im Verbund als wichtiger Anker in der Sicherheitsarchitektur der Bundesrepublik Deutschland auch künftig Gefahren für unsere freiheitliche Gesellschaft frühzeitig erkennen kann.